Erfolgreich Mitarbeiter:innen gewinnen in Zeiten des Fachkräftemangels

Gutes Personal zu gewinnen und es langfristig im Unternehmen zu halten, ist heute schwerer denn je. Passend dazu titelt der Spiegel vom 12.08.2021 „Mehr als jede dritte deutsche Firma klagt über fehlende Fachkräfte“ und das Handelsblatt, am 05.02.2022 „Fachkräftemangel hat 2021 laut Studie stark zugenommen“.

Die im Handelsblatt zitierte Studie des Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (Kofa) enthält einen Jahresrückblick über den Arbeitsmarkt, für das Jahr 2021. Dieser hat ergeben, dass es zu 41 % der offenen Stellen im Dezember 2021 keine passend qualifizierten Arbeitssuchenden gab, das entspricht ca. 465.000 offenen Stellen in Deutschland. Im Januar 2021 lag dieser Wert noch bei 27 %, also mit rund 213.000 offenen Stellen bei weniger als der Hälfte. Somit hat sich die Zahl der unbesetzten Stellen binnen 12 Monaten mehr als verdoppelt. Die Situation auf dem Arbeitsmarkt verschärft sich zunehmend und wird auch zukünftig für Unternehmen verschiedenster Branchen einer der größten Herausforderungen darstellen. Um diesem Problem entgegenzuwirken ist es wichtig zu handeln und das gesamte Unternehmen auf strategischer Ebene als Arbeitgebermarke (Employer Branding) auszurichten.

Problem Fachkräftemangel

Fast alle Unternehmen in Deutschland leiden unter Fachkräftemangel. Vom kleinen Handwerksbetrieb bis zum DAX-Konzern – es fehlt an Personal. Laut der IHK-Konjunkturumfragen der letzten Jahre, stellt für Unternehmer seit 2017 der Fachkräftemangel das größte Risiko für die weitere wirtschaftliche Entwicklung dar. Auch die Lage bei den Auszubildenden sieht nicht besser aus. Seit 2008 übersteigt das Angebot an Lehrstellen die Nachfrage deutlich. Das bedeutet, viele Stellen bleiben unbesetzt.

Die Ursache für dieses Problem ist zu einem großen Teil der demografische Wandel. Ein Blick auf die Altersstruktur in Deutschland von 1919 zeigt einen Aufbau, der aussieht wie eine Pyramide. So sollte im Idealfall die Altersstruktur der Gesellschaft aufgebaut sein, wenige alte Menschen in der Spitze der Pyramide und viele junge Menschen, die die breite Basis bilden. Heute gleicht diese Alterspyramide mehr einem Baum. Zur „Baumkrone“ hin nimmt der Anteil an älteren Menschen immer weiter zu, während der „Baumstamm“, mit jungen Menschen, immer schmäler wird.

Bewahrheiten sich die Vorausberechnungen des Statistischen Bundesamtes, wird die Anzahl der Menschen im erwerbsfähigen Alter bis 2060 zwischen 23 und 30 Prozent sinken. Das sind 11 – 15 Mio. Arbeitskräfte weniger als im Jahr 2013. Sinkende Geburtenraten lassen die Anzahl an Arbeitnehmer:innen auf dem Arbeitsmarkt schrumpfen und gleichzeitig wird der Anteil an älteren Arbeitnehmenden immer größer. Aktuell ist ein Großteil der Babyboomer Generation (Jahrgänge von ca. 1946 – 1964) noch auf dem Arbeitsmarkt vertreten, es treten jedoch nicht annährend so viele junge Menschen in den Arbeitsmarkt ein wie ältere Arbeitnehmer:innen diesen verlassen. Die Folge – die Anzahl an Arbeitnehmer:innen im Alter über 50 Jahre hat sich in den letzten 20 Jahren fast verdoppelt und die, der über 60-Jährigen sogar vervierfacht.

Zielgruppen-Verständnis

Es vollzieht sich ein Paradigmenwechsel. Nicht mehr die Arbeitgebenden suchen sich ihre Mitarbeiter:innen aus, sondern die Arbeitnehmenden suchen sich den passenden Arbeitgeber oder Arbeitgeberin aus. Entscheidend ist demnach, wie gut sich Arbeitgebende bei potenziellen Arbeitnehmern darstellen. Wie auch beim erfolgreichen Verkauf von Produkten oder Dienstleistungen, ist es dabei entscheidend seine Zielgruppe gut zu kennen. Auf dem Arbeitsmarkt gibt es hier erhebliche Unterschiede. Idealerweise sollten dabei vier Generationen unterschieden werden, die Babyboomer (Jahrgänge 1946 – 1964), die Generation X (Jahrgänge 1965 – 1979), die Generation Y (Jahrgänge 1980 – 1995) und die Generation Z (Jahrgänge ab 1996). Diese Generationen vertreten unterschiedliche Werte, Vorstellungen und Charakterzüge. Beispielsweise legen die Babyboomer oftmals mehr Wert auf klare hierarchische Strukturen, dafür können die Generationen Y und Z mehr mit technischem Verständnis punkten. Sie werden auch als Digital Natives bezeichnet (Menschen, die mit digitalen Medien oder Geräten aufgewachsen sind), deshalb ist ihnen häufig eine gute technische Ausstattung sehr wichtig. Zudem spielt für sie das Image eines Unternehmens und die Work-Life-Balance häufig eine wichtige Rolle. Um also die älteren sowie jüngeren Generationen zielgerichtet anzusprechen, sind unterschiedliche Ansprachen sinnvoll. Was alle Generationen hingegen gemeinsam haben: Arbeitnehmer, egal welchen Alters, müssen den Arbeitgeber als attraktiv wahrnehmen. Der Begriff, der alle Handlungen zur Steigerung der Attraktivität eines Arbeitgebenden zusammenfasst, lautet Employer Branding – die Arbeitgebermarke.

Was ist Employer Branding

An welche Marke denken Sie als erstes, wenn es um technische Geräte wie Smartphones und Tablets geht? Wenn es um einen cleveren Möbelhersteller geht? Oder wenn Sie an eine Getränke-Marke in Verbindung mit Weihnachten denken? Vermutlich werden bei allen Befragten die Antworten nahezu identisch ausfallen. Den Meisten werden die Marken Apple, IKEA und Coca-Cola in den Sinn gekommen sein. Diese Marken gehören zu den bekanntesten der Welt. Anhand eines Stichwortes oder Produkts werden sie mit ihrer Marke in Verbindung gebracht. So streben alle Markenhersteller danach ihre Marke bekannter zu machen.

Die Marke bekannter zu machen ist auch ein Ziel von Employer Branding, nur eben als Arbeitgebermarke. Wollen sich Arbeitssuchende bewerben, sollen sie möglichst auch an ihr Unternehmen denken. Bestehende Mitarbeiter:innen werden gleichzeitig stärker an das Unternehmen gebunden und loyaler. Ein Unternehmen soll durch Employer Branding zu einem attraktiveren Arbeitgebenden werden und genauso auch wahrgenommen werden. Das wird mithilfe der Maßnahmen zum Aufbau einer Arbeitgebermarke erreicht. Eine erfolgreiche Marke zu vertreten bzw. zu schaffen, war noch nie so wichtig wie heute. Denn heute dreht sich fast alles um Marken, gerade bei den Jüngeren. Ob in der Mode, der Technik oder der Automobilbranche, Aufmerksamkeit erlangt häufig nur noch, wer eine beliebte und angesehene Marke vorweisen kann. So auch in der Arbeitswelt. Aus diesem Grund müssen Arbeitgeber:innen sich mehr denn je mit diesem Thema auseinandersetzen. Die Kunst dabei ist, unter Berücksichtigung der vorhandenen oder möglichen Ressourcen, passende allgemeine und individuelle Maßnahmen zu schaffen, die Arbeitnehmende schließlich überzeugen.

Was Arbeitnehmer überzeugt

BMW, Audi, Bosch, Siemens und Daimler – sie sind laut Randstad Deutschland (https://www.randstad.de/ueber-randstad/presse/unternehmensfuehrung/deutschlands-attraktivste-arbeitgeber/), die beliebtesten Arbeitgebenden 2021 in Deutschland. Wie haben sie das geschafft? Was wollen Arbeitnehmer:innen wirklich? Die Studie des Randstad Employer Brand Research 2021 hat Arbeitnehmende dazu befragt:

Platz 1: Jobsicherheit 68 %
Platz 2: Attraktives Gehalt & Sozialleistungen 67 %
Platz 3: Angenehmes Arbeitsklima 63 %
Platz 4: Finanzielle Stabilität 56 %
Platz 5: Work-Life-Balance 54 %

Platz 2 „Attraktives Gehalt und Sozialleistungen“ kann an konkreten Zahlen, Vergleichswerten oder Durchschnittswerten gemessen, verglichen und angepasst werden. Ebenso die finanzielle Stabilität eines Unternehmens. „Jobsicherheit“, „angenehmes Arbeitsklima“, „finanzielle Stabilität“ und „Work-Life-Balance“ dagegen beschreiben Ergebnisse, die aus individuellen Wahrnehmungen einzelner Einflüsse und Maßnahmen entstehen. Damit Sie diese positiven Ergebnisse erzielen können ist es wichtig zu wissen, durch welche Einflüsse und Maßnahmen diese Ergebnisse entstehen.

Das Gefühl der „Jobsicherheit“ entsteht beispielsweise durch ein gutes Verhältnis zu Vorgesetzten, Investitionen in Weiterbildungen und regelmäßiges Feedback. Auch eine nachhaltige Informations-Politik mit Angaben zur wirtschaftlichen Situation des Unternehmens gibt den Mitarbeitenden das Gefühl von Sicherheit. Die Empfindung „angenehmes Arbeitsklima“ entsteht unter anderem durch das Verhalten und die Arbeitsweise unter den Mitarbeiter:innen im Team, die Beziehung zu Vorgesetzten und deren Führungsmethoden. Die Work-Life-Balance ist ebenfalls eine individuelle Wahrnehmung. Es können dabei verschiedene Komponenten verändert werden, um eine bessere Work-Life-Balance zu gewährleisten, wie beispielsweise flexible Arbeitszeitmodelle, Arbeitsort oder Arbeitspensum.

Der Wettbewerb um Fachpersonal

Konzerne haben meist größere finanzielle und personelle Ressourcen ihre Marke auf Arbeitgeber:innen-Attraktivität zu trimmen. Es werden in der Regel höhere Gehälter bezahlt und die Entwicklungsmöglichkeiten sind auch durch internationale Standorte meist vielfältiger. Dadurch erzeugen diese Unternehmen eine große Anziehungskraft auf Arbeitssuchende. Zudem können sie von einer höheren Bekanntheit ihrer Unternehmens- oder Produktmarke profitieren.

Die gute Nachricht: KMUs können auch ohne diese Ressourcen zum attraktiven Arbeitgebenden werden. Charakteristisch für diese Unternehmen im Vergleich zu Konzernen ist oftmals eine familiäre Atmosphäre und flache Hierarchien, das schafft häufig mehr Transparenz, Selbstbestimmung und ein positiveres Arbeitsklima. Mitarbeiter:innen übernehmen oft unterschiedliche und vielseitige Aufgabenbereiche und damit auch mehr Verantwortung. KMUs haben auch die Chance in ihrer Region einen Bekanntheitsgrad zu erreichen der im Vergleich zu den Konzernen gleichwertig oer sogar höher ist.

Ein wichtiger Aspekt ist auch die wahrgenommene, höhere Jobsicherheit, denn in familien- oder eigentümergeführten Unternehmen hat die Unternehmenssicherung gegenüber der Gewinnsteigerung, oftmals Vorrang. Zudem sind kleine und mittlere Unternehmen häufig auf eine langfristigere Strategie ausgerichtet, um genau diese Unternehmenssicherung zu gewährleisten.

Effizienzgewinn durch Employer Branding

Employer Branding ist eine Strategie für die erfolgreiche Gewinnung, Bindung und Steigerung der Zufriedenheit von Mitarbeiter:innen. Auch die Unternehmenskultur und das Unternehmensimage werden positiv beeinflusst. Die Leistung und das Ergebnis der Mitarbeitenden werden erheblich verbessert, wodurch Kosteneinsparungen realisiert werden können. Diese beinhalten zum Beispiel geringere Kosten für die Suche nach Mitarbeiter:innen, durch spezifischere Auswahlverfahren. Die Ausgaben für Entgeltzahlungen sinken, da Mitarbeiter:innen weniger oft krank sind. Außerdem werden Mitarbeitende langfristiger im Unternehmen gehalten, wodurch Kosten für die Einführung neuer Mitarbeiter:innen, Bewerbungsverfahren sowie Schulungen eingespart werden.

Employer Branding ist also für das gesamte Unternehmen von Vorteil. Bis diese Vorteile jedoch spürbar werden benötigt es Zeit und die Bereitschaft zu Investieren. Die langfristige und nachhaltige Ausrichtung spielt dabei eine tragende Rolle, es gilt regelmäßig und dauerhalft Employer Branding zu betreiben.

Maßnahmen zur Umsetzung von Employer Branding

Es gibt eine Vielzahl von Maßnahmen, die im Rahmen des Employer Branding getroffen werden können. Diese sind an das Unternehmen anzupassen.

Beispiele zur Verbesserung der Gewinnung von Mitarbeiter:innen:

  • Werte, Vorstellungen, Stärken und Neuheiten über soziale Medien kommunizieren
  • Verbindungen zu Hochschulen, weiterführenden Schulen und Weiterbildungseinrichtungen aufbauen und pflegen
  • Story-Telling durch Mitarbeiter:innen (diese stellen das Unternehmen vor und berichten über ihre Erfahrungen)

Beispiele zur Erhöhung der Bindung von Mitarbeiter:innen:

  • Mitarbeiter:innen eigene Aufgaben/Projekte zuteilen, um die sie sich selbstständig kümmern
  • Regelmäßige Mitarbeitergespräche durchführen
  • Kritik der Mitarbeiter:innen aufnehmen, Lösungen finden und umsetzen
  • Möglichkeiten für Schulungen und Weiterbildungen bieten

Employer-Branding-Kreislauf

Für die Etablierung eines erfolgreichen Employer Branding Prozesses, ist eine strukturierte Vorgehensweise erforderlich. Viele Unternehmen beginnen häufig, indem sie Maßnahmen festlegen und daraus Aufgaben ableiten. Nachhaltiger ist dagegen eine strategische Herangehensweise. Hierzu eignet sich der Employer-Branding-Kreislauf (siehe Grafik Employer-Branding-Kreislauf) der mit einer ausführlichen (1) Analyse der Ist-Situation beginnt, dazu wird z.B. eine Befragung der Mitarbeiter:innen durchgeführt und Bewertungen auf Job-Bewertungsportalen vorgenommen. Das Ergebnis ist der Ist-Zustand, d.h. es beantwortet die Fragen „Wo stehen wir?“, „Worin liegen unsere Stärken und Schwächen?“

Auf Basis der Analyse-Ergebnisse erfolgt die Definition der (2) Ziele. Diese können zum Beispiel eine Verbesserung des Images sein oder eine Erhöhung der Mitarbeiterzahl beinhalten. Das Ergebnis ist Zielklarheit, es beantwortet die Frage „Was wollen wir erreichen?“

(3) Prüfung: Im Rahmen von Umsetzungsprozessen gilt es in regelmäßigen Abständen den Zielerreichungsgrad zu überprüfen und mögliche Zielkorrekturen vorzunehmen. Das Ergebnis ist der Abgleich und die Zielanpassung, „Sind wir auf dem richtigen Weg?“.

 

Employer Branding - Kreislauf

Schaubild: Employer-Branding-Kreislauf / readyCon

Abgeleitet aus den Zielen folgt die Entwicklung der (4) Strategie. Das Ergebnis ist der Orientierungsrahmen „Wie sollen die Ziele erreicht werden?“

Im nächsten Schritt erfolgt die (5) Planung, dabei werden strategiekonforme Maßnahmen-Ideen entwickelt und daraus die erforderlichen Ressourcen in Zeit, Personal und Kosten ermittelt. Das Ergebnis ist der Maßnahmenplan „Wann werden wir was umsetzen und was kostet es?“.
Auf Basis des Maßnahmenplans werden die jeweiligen (6) Maßnahmen und die sich daraus ergebenden Aufgaben abgeleitet, priorisiert und umgesetzt, gegebenenfalls sind Planungskorrekturen erforderlich. Das Ergebnis ist die Umsetzung der Maßnahmen, man sieht „Welche Maßnahmen bringen welche Ergebnisse?“

An dieser Stelle beginnt der Kreislauf von vorn. Für den dauerhaften Erfolg gilt es stetig an den Prozessen zu arbeiten und zu analysieren, ob bestimmte Maßnahmen greifen, die Ziele erreicht wurden oder womöglich ergänzt oder angepasst werden müssen. Das bedeutet, dass der Prozess immer wieder durchlaufen und weiterentwickelt werden muss.

Die Sofortwirkung – auf einen Blick

Das Ziel von Employer Branding ist es, dauerhaft als attraktiver Arbeitgebender auf dem Arbeitsmarkt wahrgenommen zu werden und mit einem intelligenten Maßnahmenbündel Arbeitnehmer:innen zu überzeugen. Mit Employer Branding wird dabei ein entscheidender Vorteil im Kampf um Fachkräfte realisiert. Es können dadurch Kosten bei der Suche nach Mitarbeiter:innen, bei Bewerbungsverfahren, Entgeltzahlungen und durch eine geringere Fluktuation eingespart werden. Gleichzeitig sorgen engagiertere und motiviertere Mitarbeiter:innen für mehr Umsatz und Gewinn. Der erfolgreiche Employer Branding Prozess ist nachhaltig, nur mit dem regelmäßigen Einsatz der Ressourcen Zeit, Geld und Arbeitskraft bringt er eine erfolgreiche Arbeitgebermarke hervor und wirkt sich positiv auf das Markenbild des Unternehmens aus.

Melina Ulderigo
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Meline Ulderigo

Personalmanagement & Employer Branding

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